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Ausgewählte Eindrücke eines Rezensenten |
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Der Traum von Freiheit
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Christian Berg ist als Musicalmacher längst einem großen Publikum bekannt. Zusammen mit Melanie Herzig hat er nun ein Musical und diesmal eines mit historischem Bezug auf die Bühne gebracht. Nicht nur die Handlung, auch der Ort ist außergewöhnlich, tritt doch das gesamte Ensemble im Freien auf dem Gelände von Schloss Ritzebüttel in Cuxhaven auf mit der historischen Schlossmauer als bespielbaren Hintergrund. Christian Berg hat schon in seinen vorherigen Produktionen gezeigt, dass er mit wenigen Mitteln Großes auf die Beine wuchten kann. So ist wohl die Hälfte der Kostüme und ein Teil der mittelalterlich anmutenden Requisiten dem Fundus der Verdener Domfestspiele entliehen. Als Erzähler in der Gestalt des Dieners, Knappen und Schuhputzers [eine Anspielung auf ein häusliches Hobby des Gaststars] des edlen Herren und Wanderers zwischen den Welten (Pierre Brice) führt er das Publikum seit der Premiere am 15.07.2010 durch die Handlung. Dabei sucht er den engen Kontakt zum Publikum und schlüpft auch mal in die Rolle eines figurativen Drachen, der dort helfend in die Handlung eingreift, wo es einem Menschen nicht möglich wäre. Und Hilfe brauchen die Menschen, die sich um ihre Wortführerin Tjede Peckes scharen, wirklich genug. Ihr Gegenspieler ist Bischof Christopher von Bremen, der es auf das Land der Friesen abgesehen hat. Auch er hat einen Helfer, nämlich Dedo, einen schmierigen Priester, der als Handlager des Bischofs seine eigenen Ziele verfolgt. Der Wanderer zwischen den Welten ist „ein Händler der Worte“. Christian Berg holt Pierre Brice von dem hohen Ross, das er als romanhafter Häuptling einst ritt, und lässt ihn volksnah als einfaches, wenn auch namhaftes Ensemblemitglied die Handlung kommentieren. Es ist erfrischend, einen gefeierten Kino-Helden einmal bodenständig erleben zu dürfen. Das passt auch zum Stück. Denn der Edelmann bewundert die Bodenständigkeit des friesischen Volkes und macht als Erzähler daraus „die Geschichte von Freiheit und dem Glauben daran“. Die Perspektiven des einfachen Volkes sind trüb. Aber der Edelmann macht ihnen Hoffnung: „Nach dem Donner folgt der Regenbogen mit all’ seinen herrlichen Farben“. Er begibt sich mit dem Publikum und „mit wenig Hoffnung im Herzen auf die lange Suche nach einem sicheren Ort“. Aber sein Knappe ist auch ein williger Helfer. „Freundschaft ist ziellos und kennt keinen Ort“ singt er mit Tjede zusammen und macht klar, dass die Suche nicht so lang sein muss, wie sein Herr es meint. Der Priester hat es derweil auf die aufständische Friesin Tjede abgesehen, die er beim Bischof anschwärzt. „Die Angst ist die Flamme unserer Zeit“ gibt er zu Bedenken und stellt den Glauben der Freiheitskämpferin in Frage. Sein „Hexen-Einmaleins“, das er an Tjede richtet, ist ein Hit von Konstantin Wecker, der die Musik für das Musical schrieb. „Muss denn die Tjede ihr Herz immer auf der Zunge tragen?“ fragt ein Freund, der es gut mit der Widerstandskämpferin meint. Die mutige Friesin Gesche befreit ihre Tochter in letzter Sekunde aus den Fängen des Bischofs und redet ihm ins Gewissen. Sie singt für ihn das Lied vom König, der von einem Kind sein wahres Gesicht offenbart bekam und sich damit anfreundete. Der Knappe spielt als Drache Priester und Bischof gegeneinander aus, so dass die gefährliche Allianz zerbricht. Tjede zieht mit ihren Gefolgsleuten gegen die Söldner des Bischofs in die Schlacht und fällt im Alter von etwa siebzehn Jahren. Der Bischof sitzt bei Pulverknall und Waffengerassel auf seinem Thron und bemüht sich, sein Handeln vor sich selbst zu rechtfertigen. Seine Soldaten gewinnen die ungleiche Schlacht, aber das Ansehen des Bischofs ist beschmutzt. Pierre Brice wird zum Schluss noch einmal Winnetou und rezitiert eine Passage, die er einmal als Kino-Häuptling auf einer Single sang. Er mahnt zum Frieden und blickt zurück auf sein Leben als Kämpfer für das Gute. So hat auch der 83jährige Häuptlingsdarsteller an entscheidender Stelle seinen großen Auftritt im Musical. |
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